Dieses Forschungsprojekt untersucht wie Kinder zu Datensubjekten gemacht werden und beschreibt wie ihre persönlichen Informationen gesammelt, archiviert, verkauft und zu einzigartigen Profilen zusammengetragen werden, die sie ein Leben lang verfolgen können.
Hintergrund
Die Kindheit wird heutzutage durch die Produktion von persönlich identifizierenden digitalen Daten transformiert. Von Arztterminen bis hin zu künstlicher Intelligenz im Haushalt, von sozialen Medien bis zu mobilen Apps – der Alltag von Kindern wird in einer Weise aufgezeichnet, gespeichert und geteilt wie es früher nicht möglich war. Dieses Forschungsprojekt argumentiert, dass die Frage nach den Datenspuren von Kindern heute eng mit neuen Fragen zur "digitalen Bürgerschaft" verknüpft ist. Das liegt nicht nur daran, dass die Verfügbarkeit über persönliche Datenströme damit zusammenhängt inwiefern wir uns in der Öffentlichkeit selbst repräsentieren können. Datenspuren von Kindern müssen gleichzeitig in Bezug auf breitere Prozesse der Überwachung der persönlichen Daten von Bürgern verstanden werden. In der Vergangenheit wurde die digitale Bürgerschaft als ein Konzept definiert, das beschreibt wie Bürger digitale Technologien nutzen, um an der Gesellschaft teilzunehmen und zu ihrer aktiven Gestaltung beizutragen. Heute wird die digitale Bürgerschaft durch unsere neuen Datenkulturen transformiert. Von dem Moment an, in dem die Bürger geboren werden, sind sie dazu gezwungen, "digital an der Gesellschaft teilzunehmen", weil ihre persönlichen Daten digitalisiert, geteilt, gespeichert, analysiert und von anderen genutzt werden.
Das Projekt
Das Buch Child | Data | Citizen handelt von diesem Wandel. Es basiert auf einem dreijährigen Forschungsprojekt mit Eltern in London und Los Angeles, in dessen Rahmen fünfzig Tiefeninterviews, eine digitale Ethnographie der "Sharenting"-Aktivitäten von acht Familien in sozialen Medien über einen Zeitraum von acht Monaten und eine zweijährige Erkundung der „Datafizierung“ der Familie der Autorin umfasste. Prof. Barassi ergänzte ihre ethnografischen Ergebnisse mit einer Plattformanalyse von vier Social-Media-Plattformen, zehn Apps zur Gesundheitsüberwachung, vier Home Hubs und vier Bildungsplattformen und untersuchte die Datenschutzrichtlinien, Geschäftsmodelle und Patentanmeldungen, die das Mining der Daten von Kindern ermöglichen. Die erste Phase der empirischen Forschung wurde von der British Academy (2018-2019) finanziert und von einem Beirat aus internationalen Experten unterstützt. Das Buch Child | Data | Citizen: How Tech Companies are Profiling Us from before Birth erschien 2020 im Verlag MIT Press. Zurzeit arbeiten Prof. Barassi und ihr Team an der Konzeption neuer empirischer Projekte zu diesem Thema. Prof. Barassi schreibt zudem ein weiteres Buch für Luiss University Press, das dieses Jahr in Italien erscheinen wird.